Stefan Stock  Lichtobjekte

Kann man aus einem alten Geigerzähler und verschiedentlich leuchtenden Glühbirnen ein Kunstwerk machen? Kann das, was andere wegwerfen, ein ertragreicher und fruchtbarer Fundus für das Schaffen eines anderen sein? Kann man Kunstwerke schaffen, die keine Kunst sind? Eine Frage, die sich einst Marcel Duchamp im Jahre 1923 stellte und am Ende seines Lebens mit einem klaren Nein! beantwortete. All diese Überlegungen stehen in den Werken des Amberger Künstlers Stefan Stock seit 1998 wiederholt, jedoch auf erfrischend neue Art und Weise zur Debatte: das Potenzial des Kombinats Müll-Kunst-Maschine wird auf verschiedenste Manier erneut ausgelotet, untersucht, in Frage gestellt, den Objekten übergestülpt und anprobiert, um in Lichtobjekten, kinetischen Skulpturen, Assemblagen und korrigierten Readymades mit erfinderischen wie innovativen Lösungsmöglichkeiten, Mechanismen und Inhalten aufzuwarten.


Dabei unterwirft sich der Künstler keineswegs einer künstlerischen Tradition, welche die althergebrachten Verfahrensweisen von Ausrangiertem und kunstfremden Fundstücken in der Kunst lediglich in neuen Variablen wiederholt. Vielmehr verleiht Stefan Stock seinen Objekten einen eigenen Charme, indem er in ihnen dreierlei Komponenten zur Anwendung bringt:


Zum einen verwendet er Materialien aus dem Bereich der Naturwissenschaften und Technik, welche die Tradition des erweiterten Materialkanons von kunstfremden Versatzstücken in der Kunst des 21. Jahrhunderts verkörpern und zugleich weiterführen. Zum zweiten verquickt er mit dieser Aneignung inhaltliche, auf unseren Zeitgeist abgestimmte und gesellschaftlich wie politisch relevante Kommentare mit dem Wissen um die Hermeneutik des bisher dagewesenen kunsthistorischen Repertoires seiner Vorgänger und der Zeitgenossen. Damit bewegt er sich drittens in einer kunsthistorischen Tradition, die von Marcel Duchamp über Jean Tinguely bis hin zu Joseph Beuys zu verfolgen ist.


Der Werkraum des Künstlers changiert dabei zwischen Laboratorium, Erfinder-Büro, wohl sortiertem Lagerraum, Atelier und Werkstatt. Die dort entstehenden Objekte sind Ergebnisse eines verspielten Ingenieursgedankens, naturwissenschaftlichen Know-Hows und Freude an der Tüftelei. Zum Teil antiquiert wirkend und versehen mit einem nostalgischen Anstrich, zum Teil wie frisch aus dem Elektrohandel stammend und auf Hochglanz poliert, präsentieren sich die Arbeiten von Stefan Stock als leistungsstark und potent.


Der erste Eindruck täuscht: die Maschinen sind in der Tat leistungsstark, jedoch nicht für Zwecke, die sie zunächst vorgeben zu erfüllen. Aber wozu sind sie dann eigentlich nutze? Was können diese Objekte? Was kann Kunst? Stefan Stocks Lichtobjekte beantworten diese Fragen auf charmante und augenzwinkernde Manier: Sie sind da! Und sie erfüllen ihren Zweck, indem sie – wie Immanuel Kant dies 1790 in seiner Schrift Kritik der Urteilskraft einforderte – frei von jedem Zweck sind. Sie sind Kunst.

 

Dr. Barbara Oettl, Kunsthistorikerin, Universität Regensburg